Elektrorollstuhl auf Kassenkosten?

11. Okt 2010 | Gesundheit

Unter welchen Voraussetzungen können Versicherte einen elektrischen Rollstuhl von ihrer gesetzlichen Krankenkasse erstattet bekommen? Damit hat sich das Landessozialgericht von Nordrhein-Westfalen befasst.

elektrorollstuhl-krankenkasse © Fotolia.com

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Grundsätzlich besteht für erwachsene Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für einen elektrischen Rollstuhl, wenn sie bereits über einen handbetriebenen Rollstuhl verfügen und die Fortbewegung in einem Radius von 500 Metern um ihre Wohnung in einer zumutbaren Zeit selbst bewegen können. Das gilt auch für die sogenannten Rollstuhlbikes. Dieses richtungsweisende Urteil fällte das nordrhein-westfälische Landessozialgericht mit Sitz in Münster (Aktenzeichen L 16 KR 45/09 externer Link).

Geklagt hatte ein Schwerbehinderter, der sich mit seinem handbetriebenen Rollstuhl nur noch eingeschränkte fortbewegen konnte. Er beantragte bei seiner gesetzlichen Krankenkasse die Übernahme der Kosten für ein Rollstuhlbike.

Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme des Versicherten jedoch ab. Gegen die Ablehnung reichte er Klage vor dem zuständigen Sozialgericht ein, wo er zunächst unterlag.

Allgemeine Grundbedürfnisse müssen sichergestellt sein

Rollstuhlbike - Gesetzliche Krankenkasse

Rollstuhlbike

Nach § 33 SGB V externer Link (5. Sozialgesetzbuch) haben Versicherte mit einer Behinderung nur einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten von Hilfsmitteln, wenn diese der Erfüllung der allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens des behinderten Versicherten dienen. In diesem Zusammenhang sollen die Hilfsmittel einen sogenannten „Basisausgleich“ schaffen, der zur Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes erforderlich ist.

Die Richter haben entschieden, dass dieser Freiraum sowohl die Wohnung als auch die Erledigung von Alltagsgeschäften durch den Versicherten umfasst. Dazu zählen laut dem Gericht auch Einkäufe, Besuche beim Arzt und Apotheken sowie Post- und Bankgeschäfte. All das zählt laut dem Gericht zum Nahbereich des Versicherten.

Allerdings ließ das Gericht offen, was mit „Nahbereich“ genau gemeint ist. Das Landessozialgericht nahm sich dieser Frage an und hat sich dabei an einer Entscheidung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung als maßgebend orientiert. In der zugrunde liegenden Entscheidung gelten für gehbehinderte Versicherte Wegstrecken von bis zu 500 Metern um die Wohnung herum als Nahbereich.

Kann dieser Nahbereich aufgrund einer Behinderung auch nicht mehr mit einem handbetriebenen Rollstuhl in einer zumutbaren Zeit erreicht werden, besteht nach Auffassung des Landessozialgerichtes ein Anspruch auf Übernahme der Anschaffungskosten für einen elektronischen Rollstuhl durch die Krankenkassen.

Pech für den Kläger – Er konnte die vom Landessozialgericht festgesetzten 500 Meter immer noch in einer zumutbaren Zeit mit seinem handbetriebenen Rollstuhl zurücklegen. Daher wurde seine Klage vom Landessozialgericht als unbegründet zurückgewiesen.

Allerdings kann die Entscheidung als richtungsweisend angesehen werden, denn bislang hatte sich noch kein deutsches Gericht mit der Frage beschäftigt, was denn der Nahbereich sein soll. Die Richten haben gegen die Entscheidung die Revision vor dem Bundessozialgericht externer Link zugelassen.

Private Absicherung

Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung kann die Kostenübernahme von Elektrorollstühlen bei einer privaten Krankenversicherung durch einen individuellen Tarif mit versichert werden.

Im Falle eines Unfalls mit bleibender körperlicher Beeinträchtigung kann die private Unfallversicherung die für diesen Fall festgelegte Versicherungssumme auszahlen. Sie ist unabhängig vom tatsächlich notwendigen Bedarf des verunfallten Versicherten.

Dadurch kann der Versicherte im Falle einer dauerhaften körperlichen Beeinträchtigung beispielsweise einen Elektrorollstuhl anschaffen, das Auto behindertengerecht und die Wohnung barrierefrei umbauen. (Jens K.)

(Quelle: VersicherungsJournal Deutschland)


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