Psychische Erkrankungen – Krankheitsbilder

23. Mrz 2013 | Gesundheit

Psychische Erkrankungen: Veränderungen des Denkens, Fühlens, Erlebens oder Verhaltens, die der Betroffene nicht beeinflussen kann und die zu einem Leidensdruck führen. Die Bandbreite des seelischen Empfindens ist sehr groß. Deshalb ist die Abgrenzung der behandlungsbedürftigen Zustände ein zentrales Problem in der Psychiatrie.

psychische-erkrankung © Fotolia.com

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Für eine angemessene Beurteilung einer psychischen Erkrankung betrachtet der Arzt u.a. die Abweichung von der Norm und, als entscheidendes Kriterium für den Krankheitswert, den Leidensdruck, den der Betroffene verspürt.

Beispiel: Manche gläubige Menschen fühlen sich in der Lage, z. B. mit Engeln zu sprechen und erleben sie als reale Wesen. Diese Wahrnehmung liegt eindeutig jenseits der beweisbaren und allgemein zugänglichen Erfahrungen. Trotzdem handelt es sich nicht um eine krankhafte psychische Störung, weil die Gläubigen aus den Erlebnissen Trost und Lebenssinn schöpfen. Anders kann es bei Menschen sein, die sich von einer höheren Macht gesteuert fühlen und dabei große Angst empfinden, weil sie Botschaften mit negativem Charakter erhalten, z. B. Befehle, sich selbst zu töten.

Es existieren verschiedene Theorien zur Entstehung psychischer Störungen, die sich dem Problem auf unterschiedlichen Wegen und Ebenen nähern. Jede Theorie für sich genügt nicht, um die Phänomene zu erklären, doch zusammen sind sie geeignet, einen Eindruck von den komplexen Mechanismen zu vermitteln, die den Erkrankungen zugrunde liegen. Einige der Theorien gehen vor allem von den körperlichen Funktionsstörungen aus (z. B. mangelnde Steuerung im Nervensystem), andere betonen Ursachen, die in der Erziehung oder im Verhältnis der betroffenen Menschen zu seiner Umwelt liegen.

Benennung psychischer Erkrankungen

Psychische Erkrankungen sind durch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägte Krankheitszeichen gekennzeichnet. Zwar lassen sich für jede einzelne Erkrankung bestimmte Hauptsymptome nennen, doch ihre Ausmaße können sich von Patient zu Patient stark unterscheiden und außerdem treten häufig zusätzliche Störungen hinzu. Um eine einheitliche Behandlung zu ermöglichen, die letztlich dem Patienten zugute kommt, ist es notwendig, die Krankheiten gegeneinander abzugrenzen.

Zu diesem Zweck wurden sehr detaillierte Klassifikationen eingeführt. Sie gelten weltweit und stellen die Qualität psychiatrischer Behandlung sicher. In Europa hat sich vor allem die „Internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme“ der Weltgesundheitsorganisation durchgesetzt. Sie umfasst sämtliche Erkrankungen. Die derzeit gültige Fassung heißt ICD-10 und entspricht der zehnten Auflage der Systematik. Für den Bereich psychischer Störungen sieht die Klassifikation folgende Einteilung vor:

  • F0: Organisch bedingte (einschließlich symptomatische) psychische Störung, z. B. Demenz vom Alzheimertyp
  • F1: Störungen von Psyche und Verhalten durch psychotrope Substanzen, z. B. Alkoholabhängigkeit
  • F2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
  • F3: Affektive Störungen: Depression, Manie
  • F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen, z. B. Zeichen psychischer Belastung nach einem traumatischen Ereignis
  • F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren, z. B. Essstörungen
  • F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, z. B. paranoide Persönlichkeitsstörung
  • F7: Intelligenzminderung
  • F8: Entwicklungsstörungen
  • F9: Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
  • F10: Nicht näher bezeichnete psychische Störungen

Formen psychischer Erkrankungen

Depression

Störung des Gefühlslebens mit krankhaft gedrückter Stimmung. Dabei handelt es sich nicht lediglich um Traurigkeit, sondern eine schwere Einschränkung des seelischen Befindens, die der Betroffene allein meist nicht durchbrechen kann. Die Patienten berichten, sie fühlten sich leer und ausgebrannt. Sie leiden unter vermindertem Antrieb, sind oft nicht einmal in der Lage, sich aus dem Bett zu erheben. Ihr Denken kann verlangsamt sein und zwanghaft um immer dieselben Themen kreisen. Außerdem können sich ein Wahn (unbeeinflussbare Überzeugung von Gegebenheiten, die nicht der Realität entsprechen) oder Halluzinationen (Wahrnehmung von Empfindungen, die nicht von tatsächlich bestehenden Signalen ausgelöst sind) entwickeln. Je nach der Schwere der Erkrankung ist eine stationäre Behandlung notwendig.

Schizophrenie

Bezeichnet eine Gruppe von Psychosen, die häufig mit einer schweren Störung der Gesamtpersönlichkeit, starken Veränderungen der Wahrnehmung, der Denkfähigkeit, des Gefühlslebens und des Selbstbildes einhergehen. Die Zeichen der Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises sind individuell sehr unterschiedlich. Bei einigen Patienten stehen Halluzinationen im Vordergrund, andere leiden unter Wahn.

Eine besondere Form, die Schizophrenia simplex, entzieht sich häufig einer geeigneten psychiatrischen Behandlung. Die Betroffenen ziehen sich infolge ihrer Erkrankung aus dem gesellschaftlichen Leben zurück und zeigen starke Verwahrlosungstendenzen. Nicht selten führt die Krankheit zu Obdachlosigkeit, weil es den Patienten unmöglich ist, z. B. geschäftliche Verpflichtungen (z. B. Arbeit, Miete einer Wohnung, Einkaufen) wahrzunehmen.

Die Behandlung von Schizophrenien erfolgt (abhängig von der Schwere der Erkrankung) zunächst überwiegend stationär. Ein großer Teil der Patienten benötigt anschließend lebenslange Therapie, z. B. durch einen niedergelassenen Psychiater.

Zwangsstörung

Zwanghafte Handlungen sind im Alltag häufig zu beobachten. Manche Menschen müssen beim Verlassen des Hauses mehrmals kontrollieren, ob die Haustür sicher verschlossen ist. Andere sind von dem Gedanken besessen, ein Dieb werde in ihrer Wohnung einsteigen. Sie verstecken deshalb ihren Geldbeutel an immer neuen Stellen. Solche Zwänge sind vielleicht lästig, lassen sich jedoch relativ gut in den Alltag integrieren und bedürfen in der Regel keiner Behandlung. Anders ist es, wenn eine Zwangsstörung die Lebensführung der Betroffenen massiv einschränkt, z. B. wenn es ihnen unmöglich ist, aus dem Haus zu gehen, weil sie hundert Mal nachschauen müssen, ob der Herd ausgeschaltet ist oder sie nach der Berührung eines beliebigen Gegenstandes das übermächtige Bedürfnis empfinden, sich die Hände zu waschen. Ohne Behandlung besteht die Tendenz dass sich die Zwänge verstärken. Die Therapie basiert vor allem auf einem Verhaltenstraining, in dessen Verlauf der Patient lernt, auslösende Situationen zu erkennen und dem Zwangsimpuls zu widerstehen.

Sucht

Abhängigkeiten sind ein außerordentlich verbreitetes Phänomen. Sie können sich auf Stoffe beziehen (z. B. Alkohol, Nikotin, illegale Drogen, Arzneimittel) oder als nicht stoffgebundene Sucht (z. B. Glücksspiel, Arbeit, Einkaufen, Sex) auftreten. Es wurden zahlreiche Theorien zur Entstehung von Süchten entwickelt, die jedoch allesamt keine umfassende Klärung der Ursachen erbracht haben. Das liegt an dem sehr komplizierten und individuell sehr unterschiedlichen Zusammenspiel von Faktoren, aus denen eine Sucht hervorgehen kann. Auch für den Verlauf einer Sucht gibt es mehrere Modelle, in denen die Stadien zum Teil sehr detailliert beschrieben sind. Vereinfacht lässt sich sagen, dass eine Sucht in drei Stufen entsteht:

Missbrauch: Übermäßiger Konsum einer Substanz oder unkontrollierte Ausführung von Handlungen, auf die die Sucht gerichtet ist

Gewöhnung: Körper und Geist des Betroffenen stellen sich auf die Wirkung der Substanz oder der Suchthandlung ein

Abhängigkeit: Vollbild der Sucht. Der Betroffene ist nicht mehr in der Lage, den Konsum der jeweiligen Substanz oder die Häufigkeit der Suchthandlung zu kontrollieren

Die Befriedigung, die eine Droge oder eine Handlung am Anfang noch vermitteln, flacht bei zunehmender Gewöhnung ab und führt den Süchtigen dazu, im Verlauf der Erkrankung die Dosis zu steigern oder das süchtige Verhalten immer schneller zu wiederholen.

Süchte können zu schweren körperlichen und geistigen Schäden führen. Nicht selten verlieren die Betroffenen ihre soziale Stellung und ruinieren sich finanziell.

Die Behandlung richtet sich nach der Art der Sucht und setzt sich häufig aus mehreren Ansätzen zusammen. Bei stoffgebundenen Süchten geht der Entwöhnung (Phase, in der der Patient lernt, ohne die Droge zu leben), ein Entzug (Entgiftung) voraus, der schwere körperliche Probleme verursachen kann und deshalb überwiegend stationär durchgeführt wird.

Eine Suchtbehandlung hat nur dann Aussicht auf dauerhaften Erfolg, wenn der Betroffene zur Mitarbeit bereit ist. Insgesamt ist die Rückfallquote hoch.

BU: Versicherung darf Informationen zur Krankengeschichte einholen

Berufsunfähigkeit – Eine Versicherung ist berechtigt die Leistung zu verweigern, wenn ein Versicherungsnehmer im Leistungsfall seine Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbindet. Dies gilt auch, ohne dass ein konkreter Verdacht auf Betrug vorliegen muss, wie das Kammergericht Berlin in einem Urteil betonte (Urteil v. 8.07.2014, 6 U 134/13).

Gesundheitsfragen sind für eine Berufsunfähigkeitsversicherung existentiell wichtig! Vorerkrankungen werden in der Regel mit Prämienaufschlägen „bestraft“. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, bei Beantragung des BU-Schutzes korrekt über seinen Gesundheitszustand Auskunft zu geben, sonst kann die Versicherung später eine Rente verweigern. Im schlimmsten Fall geht der Kunde leer aus, wenn er berufsunfähig wird – obwohl er jahrelang Beitrag gezahlt hat.

Versicherung darf Krankenakte durchleuchten

Dabei ist der Versicherer auch ohne einen konkreten Verdacht berechtigt, nach möglichen Vorerkrankungen des Patienten zu forschen, um den Leistungsanspruch zu klären. Das hat mit einem aktuellen Urteil das Kammergericht Berlin bestätigt. Wie das Informationsportal „haufe.de“ berichtet, ging es im konkreten Fall um einen Mann, der seinen Beruf aufgrund einer Depression aufgeben musste.

Doch der Erkrankte wollte seiner Versicherung nicht gestatten, bei seinen Ärzten Gesundheitsdaten aus der Zeit vor dem Vertragsabschluss einzuholen. Schließlich müssen Mediziner durch den Patienten von ihrer Schweigepflicht entbunden werden, damit sie einer Versicherung Auskunft geben können. Die beklagte Versicherung weigerte sich zu zahlen – sie könne die Leistungsprüfung nicht abschließen.

Gericht urteilt zugunsten der Versicherung
Der Patient berief sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur informationellen Selbstbestimmung, wonach persönliche Gesundheitsdaten einen besonderen Schutz genießen. Aber auch die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Das Gericht schloss sich der Auffassung der Versicherung an, dass eine abschließende Leistungsprüfung nicht möglich sei, wenn der Patient keine Schweigepflichtentbindungserklärung erteilt (Az. 6 U 134/13 externer Link). Folglich muss die Versicherung auch nicht zahlen.

Das bedeutet: Gesundheitsfragen im Antrag einer BU immer ehrlich und genau ausfüllen!

(M. Muffin) (VB)


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