Mutterpass – Vorsorgeuntersuchungen und deren Bedeutung

19. Mrz 2013 | Gesundheit

Zu Beginn der Schwangerschaft erhält jede Schwangere den sogenannten Mutterpass. In diesem Heft werden alle wichtigen Untersuchungen, Medikamente und Besonderheiten im Zusammenhang mit der Schwangerschaft dokumentiert. Der Vorteil dieses Heftes liegt darin, dass die Schwangere die Untersuchungsergebnisse immer geordnet bei sich führen kann und dies auch tun sollte.

mutterpass-vorsorgeuntersuchungen © Fotolia.com

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Sollte es irgendwelche Komplikationen geben, können sich die Ärzte unproblematisch über den bisherigen Schwangerschaftsverlauf, die Vorgeschichte und das aktuelle Schwangerschaftsalter informieren. Im nachfolgenden Text wird der Mutterpass genauer erklärt.

Blutgruppe und Rhesusfaktor

Hier wird die Blutgruppe der Schwangeren eingetragen. Dies ist wichtig, um die Gabe von Blutkonserven zu erleichtern. Eine noch größere Bedeutung hat dabei die Bestimmung des sogenannten Rhesusfaktors, um festzustellen, ob man der Schwangeren in der zweiten Schwangerschaftshälfte (etwa in der 28. Woche) eine "Rhesusprophylaxe" verabreichen muss. Zwar sind die Blutkreisläufe von Mutter und Kind auch während der Schwangerschaft getrennt, dennoch können minimale Blutmengen des Kindes in das Blut der Schwangeren geschwemmt werden.

Wenn die Schwangere diesen speziellen
Rhesusfaktor nicht hat ("Rhesus-negativ" ist), das Kind diesen aber aufweist (das ihn dann vom Vater geerbt hat und "Rhesus-positiv" ist), erkennen die Blutzellen der Mutter diesen "feindlichen" Rhesusfaktor und bilden spezielle Antikörper. Diese sind für die aktuelle Schwangerschaft nicht gefährlich, können aber bei Folgeschwangerschaften zu Komplikationen führen. Die Rhesusprophylaxe verhindert die Bildung von Antikörpern gegen den Rhesusfaktor der Blutzellen des Kindes. Die Rhesus-negative Schwangere erhält eine Spritze in der zweiten Schwangerschaftshälfte und nach der Geburt, sowie zusätzlich ggf. bei Blutungen und Fruchtwasseruntersuchungen sowie anderen Eingriffen.

Antikörper (Blutgruppen-AK)

Hier wird mehrmals überprüft, ob bei der Schwangeren Antikörper nachweisbar sind, beispielsweise gegen den oben erwähnten Rhesusfaktor oder andere Faktoren, die mit der Blutgruppe zusammenhängen. Hiermit sollen evtl. Reaktionen des mütterlichen Immunsystems gegen
das heranwachsende Kind, welches ja zur Hälfte für die Mutter fremdes Genmaterial des Vaters in sich trägt, ausgeschlossen werden.

Antikörper gegen Röteln

Viele Schwangere sind gegen Röteln geimpft oder haben die Erkrankung durchgemacht. Anhand dieser Bestimmung lässt sich feststellen, ob ein ausreichender Schutz (Immunität) gegen diese Infektion besteht. Eine akute Röteln-infektion in der Schwangerschaft ist für das Kind gefährlich. Deshalb werden heute alle Kinder im Rahmen einer Grundimmunisierung dagegen geimpft. Schwangere ohne Immunität sollten sich unbedingt von Infektionsquellen fernhalten, da sie sich anstecken können. Über regelmäßige Kontrollen während der Schwangerschaft kann sichergestellt werden, dass keine Infektion erfolgt ist. Im Falle eines fraglichen Kontaktes einer Schwangeren ohne Immunität bzw. spätestens bei klinischen Zeichen wie Hautausschlag sollte sich die Schwangere schnellstmöglich ärztlich vorstellen.

Antikörper gegen Toxoplasmose

Diese Erkrankung wird durch Haustiere (insbesondere Katzen) und rohes Fleisch, aber auch durch ungewaschenen Salat auf den Menschen übertragen. Die Blutuntersuchung auf Antikörper kann nachweisen, ob die Schwanqere bereits eine Infektion durchgemacht hat, was auf 50 % aller Schwangerer zutrifft. Eine erneute Infektion ist unwahrscheinlich. Schwangere mit fehlender Immunität sollten bestimmte Verhaltensregeln beachten. Außerdem sollte der Suchtest in der Schwangerschaft wiederholt werden, um eine Neu-infektion auszuschließen. Wird eine Infektion festgestellt, wird die Schwangere antibiotisch behandelt und das Kind engmaschig mittels Ultraschall kontrolliert. Obwohl diese Untersuchung unbestritten sinnvoll ist, wird das Screening nicht von den gesetzlichen Kassen bezahlt und muss leider von der Schwangeren als sog. "Individuelle Gesundheitsleistungen" selbst getragen werden.

HIV (AIDS-Virus)

Auch in Deutschland hat die Rate der mit dem
"Human Immunodeficiency Virus" (HIV) infizierten Personen zugenommen. Dabei sind zunehmend auch Menschen betroffen, die keiner der bekannten Risikogruppen angehören. Das Virus führt bei voll ausgeprägter Krankheit zu der Immunschwäche AIDS. Das HI-Virus kann über den Mutterkuchen auf das Kind übertreten, ins-besondere bei Wehentätigkeit. Durch eine medikamentöse Therapie und eine maximale Senkung der sogenannten Viruslast (Konzentration der Viren im Blut) und eine Entbindung durch Kaiserschnitt vor Wehenbeginn lässt sich die Übertragungsrate auf das Kind fast auf 0 % senken. Jede Schwangere hat in Deutschland die Möglichkeit, an diesem anonymen Test teilzunehmen. Und sie sollte es auch tun, für sich und für ihr Kind!

Lues/Syphilis (LSR = Lues-Such-Reaktion)

Die Lues-Such-Reaktion wird zu Beginn der Schwangerschaft routinemäßig in Deutschland durchgeführt. Die Lues ist eine Geschlechtskrankheit, welche heute selten auftritt und zumeist Risikogruppen betrifft. Da im Falle einer Infektion schwere Komplikationen für die Schwangerschaft und das Kind zu befürchten sind, erfolgt diese Untersuchung weiterhin bei jeder Schwangeren.

Chlamydien (Chlamydia-trachomatis-Antigen)

Chlamydien sind kleine, primitive Bakterien, welche in der Schwangerschaft mit dem gehäuften Auftreten von Fehlgeburten sowie vorzeitigen Blasensprüngen und Frühgeburten in Verbindung gebracht werden. Bei der kindlichen Infektion während der Entbindung kann es u.a. zu einer schweren Bindehaut- und Lungenentzündung kommen. Zum Nachweis einer Infektion gehört daher zur Schwangerenvorsorge zu Beginn der Schwangerschaft ein Abstrich aus dem Gebärmutterhals (Zervix) oder eine Urinuntersuchung. Bei positivem Ergebnis lässt sich die Chlamydien-Infektion antibiotisch
behandeln.

Hepatitis B (HBs-Antigen)

Die Untersuchung des mütterlichen Blutes auf das HBs-Antigen gehört zur Routinevorsorge im dritten Schwangerschaftsdrittel. Dieser Test kann eine potenziell infektiöse Hepatitis B nachweisen. Ist die Mutter positiv, sollte das Kind unmittelbar nach der Entbindung geimpft werden, um so das Neugeborene vor einer Infektion zu schützen.

Schwangerschaftswoche

Hier gibt es nicht selten Verwirrungen: Einige Ärzte berechnen die sogenannte vollendete Schwangerschaftswoche, andere rechnen die begonnene Schwangerschaftswoche aus. Der dadurch hervorgerufene Unterschied ist vergleichbar mit der Altersangabe, so kann man sagen: "ein 11-jähriges Mädchen" oder "das Mädchen ist im 12. Lebensjahr".

Symphysen-Fundus-Abstand

In früheren Zeiten sollte durch diese Messung ein zu starkes oder zu geringes Wachstum des
Kindes entdeckt werden. Diese Methode ist durch die wesentlich genauere Ultraschallmessung weitestgehend ersetzt worden.

Blutdruck

Veränderungen des Blutdruckes können Schwangere und Kind gefährden. Daher werden regelmäßige Messungen vorgenommen.

Hämoglobin

In regelmäßigen Abständen wird der Blutfarbstoffwert (Hämoglobin-Wert) bestimmt. Wie bereits vorher beschrieben, fallen die Werte in jeder Schwangerschaft leicht ab aufgrund einer physiologischen Blutverdünnung. Bei niedrigen Werten " 11 g/dl bzw. begonnen werden.

Urinuntersuchungen

Hier sind folgende von Bedeutung:

Eiweiß: Im Zusammenhang mit einem erhöhtem Blutdruck ist die Eiweißausscheidung im Urin besonders wichtig. Viele Schwangere haben zeitweise eine geringe Eiweißausscheidung, die keine weitere Bedeutunq hat.

Zucker: Die Messung der Zuckerausscheidung kann einen Hinweis auf eine Zuckerkrankheit geben. Da dieser Wert aber auch häufig bei ganz normalen Blutzuckerkonzentrationen erhöht ist bzw. auch bei hohen Blutzuckerwerten manchmal kein Zucker im Urin zu finden ist, hat er nur eine geringe klinische Bedeutung.

Nitrit: Nitrit wird von Bakterien gebildet und ist daher ein sicheres Zeichen für eine bakterielle Infektion. Bei Schwangeren sollten auch symptomlose Infektionen behandelt werden, da sich die Infektion ausbreiten und auch Wehen verursachen kann.

Blut: Nachweis von Blut im Urin hat zumeist für die Schwangerschaft an sich wenig Bedeutung. Häufig handelt es sich dabei um methodische Fehler beim Auffangen des Urins bzw. ein Nachweis von Blut bei schon leichter (Kontakt-Blutung aus der Scheide bzw. der umgebenden Schleimhaut, was völlig normal ist. Sollte dennoch ohne erkennbaren Grund wiederholt Blut im Urin nachgewiesen werden, sollte sich die Frau evtl. bei einem urologischen Kollegen vorstellen.

Vaginale Untersuchung

Hier wird das Ergebnis der Tastuntersuchung des Gebärmutterhalses eingetragen. Zusätzlich zur Tastuntersuchung kann eine Ultraschallmessung des Gebärmutterhalses vorgenommen werden. Manche Kollegen verzichten heute bereits auf die Tastuntersuchung zugunsten des Ultraschalls mit dem Argument der besseren Objektivität und Reproduzierbarkeit.

Sonstiges

Hier kann der betreuende Arzt darüber hinausgehende Untersuchungen oder Therapien eintragen. Häufig wird der pH-Wert (Säurewert) der Scheide eingetragen, der bei gesunder Scheidenflora bei 4 liegen sollte. Eine Erhöhung kann ein Hinweis auf eine Infektion sein. Für Ödeme (Wassereinlagerung zumeist der Beine und Arme) und Varikosis (Krampfadern) ist je eine separate Spalte aufgeführt. Unter "Sonstiges" lässt sich z. B. Übelkeit, Eisenmangel o. Ä. mit einer entsprechenden Therapie für jeden sichtbar vermerken.

Weitere Informationen im Mutterpass

Im Mutterpass sollen "Angaben zu vorangegangenen Schwangerschaften" gemacht werden. Hat die Schwangere bereits Kinder geboren? Gab es Besonderheiten in der Schwangerschaft, bei der Geburt oder im Wochenbett? Auch eine evtl. Fehlgeburt oder Eileiterschwangerschaft sollten hier erwähnt werden. Risiken für die jetzige Schwangerschaft können dokumentiert werden.

Jeder Mutterpass gibt wichtige Punkte vor, lässt aber auch Platz für eine individuelle Dokumentation. Unter (A) werden alle Risikofaktoren gesammelt, die bereits vor der Schwangerschaft bestanden. (B) erlaubt die Dokumentation von Befunden, die im Schwangerschaftsverlauf auftreten. Unter "Terminbestimmung" wird der errechnete sowie ggf. korrigierte Entbindungstermin eingetragen. Dieser liegt der Bewertung aller Befunde zugrunde. Auf den weiteren Seiten des Mutterpasses werden evtl. stationäre Aufenthalte mit ihrer Dauer und ihrem Grund erfasst. Wichtige Behandlungen, wie z. B. die Durchführung einer Lungenreifeförderung des Kindes bei einer drohenden Frühgeburt, sollten hier vermerkt sein.

Gleiches gilt für wichtige
Untersuchungen im Schwangerschaftsverlauf: eine Fruchtwasserpunktion oder das Ergebnis eines Zuckerbelastungstests. Ein gesondertes Feld dient der Beschreibung "Kardiotokografischer Befunde": Hier werden die Ergebnisse der kindlichen Herzton- und Wehenschreibung erfasst, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte durchgeführt werden. Es gibt ausreichend Platz, um die wichtigsten Ergebnisse der durchgeführten Ultraschalluntersuchungen festzuhalten. Im Mutterpass wird schließlich auch der Ausgang der Schwangerschaft mit Geburts- und Wochenbettverlauf festgehalten. Jeder Mutterpass bietet Platz für die Dokumentation von zwei Schwangerschaften.

IGel = Individuelle Gesundheitsleistungen

Hierbei handelt es sich um Untersuchungen oder Behandlungen, die z.T. zwar von den Fachgesellschaften empfohlen werden, aber
nicht immer von den Krankenkassen bezahlt werden. Informieren Sie sich bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, welche Untersuchungen sie bzw.
er Ihnen anrät.

IGel-Leistungen

  • Toxoplasmose-Suchtest
  • Immunität gegen Ringelröteln (Parvovirus B 19)
  • Immunität gegen Zytomegalievirus (CMV)
  • Immunität gegen Windpocken
  • Oraler Glukosetoleranztest (OGT)
  • Ersttrimesterscreening (synonym: Nackenfaltenmessung, NT-Messung, Nackenödemmessung, ggf. mit Laboruntersuchung)
  • Abstrich auf B-Streptokokken
  • Akupunktur
  • zusätzliche Ultraschalluntersuchungen bei normalem Schwangerschaftsverlauf ("Wunsch- ultraschall")

(Autor: M. Muffin)


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