Arbeitsunfähigkeit während einer bezahlten Freistellung

31. Mrz 2016 | Job

Wurde ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber zum Zweck des Abbaus von Überstunden mit Bezahlung von der Arbeit freigestellt, kann er vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser ihm die verlorenen Überstunden nachgewährt, wenn er im Zeitraum der Freistellung krankheitsbedingt arbeitsunfähig wird. Die in dieser Zeit entstandene Arbeitsunfähigkeit beeinflusst die Freistellung nicht.

arbeitsunfaehigkeit-bezahlte-freistellung © Fotolia.com

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Arbeitsunfähigkeit während bezahlter Freistellung

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht Mainz in einem aktuellen Urteil vom 19.11.2015 (Az. 5 Sa 342/15 externer Link). Hintergrund der Entscheidung: Im September des Jahres 2014 wurde ein Arbeitnehmer, der als Industriemechaniker beschäftigt war, zum Abbau von einem Teil seiner fast 500 Überstunden vom Arbeitgeber bezahlt von der Arbeit befreit. In der Zeit der Freistellung erkrankte besagter Arbeitnehmer so, dass der Arzt ihm Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Trotz der Krankheit hat der Arbeitgeber ihm die Überstunden vom Konto abgezogen. Der war damit keineswegs einverstanden und erhob Klage.

Das Trierer Arbeitsgericht hielt die Kürzung der Überstunden für rechtmäßig. Begründung: Grundsätzlich trägt ein Arbeitnehmer bei wirksamer Freistellung das Risiko allein, seine gewonnene Freizeit wegen Krankheit nicht entsprechend seinen Vorstellungen verbringen zu können. Die Anwendung von § 9 des Bundesurlaubsgesetzes externer Link (BUrlG) kommt in so einem Fall nicht infrage. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes ging der Arbeitnehmer in Berufung.

Das Landesarbeitsgericht Mainz bestätigte die Entscheidung des Trierer Arbeitsgerichtes und wies die Berufung entsprechend zurück. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Krankentage auf seinem Überstundenkonto gutgeschrieben werden.

Arbeitnehmer möchte sich Krankentage auf seinem Überstundenkonto gutgeschreiben lassen

Arbeitnehmer Überstundenkonto

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass der Arbeitgeber des Klägers durchaus berechtigt ist, einen Arbeitnehmer zum Abbau von Überstunden bezahlt freizustellen. Dieses Recht ist nicht nur arbeitsvertraglich geregelt. Ein Arbeitgeber hat nach § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung externer Link das Recht, einen Freizeitausgleich festzulegen. Die Anwendung des Bundesurlaubsgesetzes, bei dem nach § 9 Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden darf, kommt in diesem Fall nicht infrage. Diese Regelung gelte nur für gesetzlichen Urlaub. Die Gewährung von bezahlter Freizeit zum Abbau von Überstunden ist mit Urlaub nicht gleichzusetzen. Die bezahlte Freistellung von der Arbeit dient ausschließlich der Einhaltung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit. Die während dieser Freistellung vorliegende Arbeitsunfähigkeit ist für den Sachverhalt unerheblich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Überstunden im Nachhinein gutzuschreiben.

Lückenloser Nachweis der Arbeitsunfähigkeit

Wer Krankengeld erhält, muss seine Arbeitsunfähigkeit lückenlos mit einem ärztlichen Bescheid nachweisen. Gerade bei der Verlängerung des Krankengeldanspruchs hält das Gesetz aber einige Tücken bereit, wie aus einer Pressemeldung des saarländischen Bundesgesundheitsministeriums hervorgeht.

Keine Frage, das Krankengeld ist eine gute Sache. Bis zu eineinhalb Jahren bekommen Arbeitnehmer 70 Prozent ihres Nettolohnes von der Krankenkasse ausgezahlt, wenn sie länger als sechs Wochen krank geschrieben sind. So manchen Patienten hat diese Entgeltersatzleistung schon vor finanziellen Problemen bewahrt. Und auch Freiberufler können sich mit einer Zusatzversicherung gegen den Krankheitsfall absichern.

Dass das Sozialgesetzbuch durchaus Fallstricke beim Anrecht auf Krankengeld bereit hält, geht aus einer aktuellen Pressemeldung des saarländischen Gesundheitsministeriums hervor. Denn Saarlands Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU) hat sich mit Vertretern der Patientenberatung UPD getroffen, die ihm berichteten, worüber sich Versicherte häufig beschweren. Hier stellte sich heraus, dass das Krankengeld oft für Unsicherheit und Orientierungslosigkeit sorgt.

Verlängerung des Krankengeldes oft tückisch
Der Grund für die Beschwerden: Einen Anspruch auf Krankengeld kann man verlieren, wenn der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos vorliegt. Der Krankengeldanspruch beginnt aber laut Sozialgesetz erst am Folgetag, nachdem ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Gerade bei der Verlängerung des Krankengeldes kann das zu Problemen führen.

Denn ist ein Patient beispielsweise bis Mittwoch krank geschrieben, so muss er auch an jenem Mittwoch zu einem Mediziner gehen, um seine Arbeitsunfähigkeit verlängern zu lassen. Geht er erst am Donnerstag zum Arzt, so greift die Arbeitsunfähigkeit erst einen Tag später, also am Freitag. Es entsteht eine „Anspruchslücke“, die im schlimmsten Fall den kompletten Krankengeldschutz kosten kann. Der letzte Tag auf einer Arbeitsunfähigkeits- Bescheinigung muss bei Verlängerung auch der erste auf dem anschließenden Bescheid sein.

Arzt zu rückwirkender Krankschreibung berechtigt
Aktuell wird von Politik und Patientenberatern debattiert, ob man diese Regelung nicht patientenfreundlicher gestalten müsse. Saarlands Gesundheitsministerium schlug sogar eine Gesetzesänderung vor. „Hier besteht Handlungsbedarf zum Wohle des Patienten“, sagte Minister Andreas Storm. „Es kann nicht sein, dass Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des Gesetzes derart weitgehend zu Lasten von kranken Menschen gehen.

Aufgepasst! Für Betroffene heißt es vorerst: Wenn eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit ansteht, so sollte der Besuch des Hausarztes bereits am letzten Tag der alten Krankschreibung erfolgen. Ärzte haben übrigens die Möglichkeit, in Ausnahmefällen eine rückwirkende Krankschreibung bis zu zwei Tagen auszustellen. Da viele Mediziner diese Option nicht kennen, sollten Patienten ihren Arzt darauf ansprechen, um Ansprüche nicht zu verlieren.

(VB) (TF)


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